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Andacht

SOLL MAN ESSEN WEGWERFEN?

Dank für die Ernte - aber gegenüber wem? Die meisten Mitteleuropäer sind in der glücklichen Lage, auf kaum etwas verzichten zu müssen. Keine Selbstverständlichkeit. Viele Menschen ahnen: Es ist ein Segen, rundum mit Lebensmitteln versorgt zu sein. Grund genug, Dank zu empfinden.

Aber gegenüber wem? In der biblischen Schöpfungsgeschichte sagt Gott zu den Menschen:"Sehet da, ich habe euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen, auf der ganzen Erde, und alle Bäume mit Früchten, die Samen bringen, zu eurer Speise" (1.Mose 1,29). Kaum erschafft er die Menschen, versorgt Gott sie mit Nahrung. Im Vaterunser lautet die erste Bitte: "Unser tägliches Brot gib uns heute."

Wer Essen wegwirft, dem fehlt es vermutlich auch an historischem Bewusstsein. Mancher alte Mensch erinnert sich daran, wie schwierig es im Zweiten Weltkrieg und in den Jahren danach war, etwas zu essen zu bekommen.

Zudem heizt jedes weggeworfene Lebensmittel weiter die Agrarindustrie mit ihren gigantischen Monokulturen, dem Raubbau an der Natur, den oft unsinnigen Transporten an. Obwohl wir uns jederzeit leicht darüber informieren können, wann und wo die Lebensmittel produziert werden, wissen wir nicht mehr, wie viel Schweiß, Mühe und Ausbeutung mit dem Landbau verbunden sind. Die erbärmlichen Arbeitsbedingungen der Wanderarbeiter in Andalusieren und in Süditalien interessieren uns Kunden der mitteleuropäischen Discountläden kaum. Sonst würden wir wählerischer einkaufen.

Wo man viel produziert und billig anbietet, wandert auch viel in die Tonne. Großverbraucher, Handel und Industrie vernichten rund ein Drittel der Lebensmittel in Deutschland, bevor sie beim Kunden ankommen. Verbraucherinnen und Verbraucher haben es laut ARD-Magazin Plusminus vom 24.Juli 2019 in der Hand, fast zwei Drittel der Vernichtung zu verhindern.

Eduard Kopp

aus: "chrismon", das Monatsmagazin der Evangelischen Kirche.